Myanmar: Die Junta kommt, die Hoffnung geht

Geschichte wiederholt sich nicht, aber wenn doch…ist es unerwartet.

Der Putsch in Myanmar zerstört die Hoffnungen auf Demokratisierung seit der langsamen Öffnung 2011. In der hybriden Verfassung hatte das Militär nie komplett die Macht/Kontrolle abgegeben und die meisten Beobachter*innen sind sich einig, dass der Putsch aus Angst vor dem Reformdruck nach dem sehr deutlichen Sieg der NLD, veranlasst wurde. Bedroht sind jetzt v.a. die Menschenrechte einiger Ethnien und auch der Rohingya, für deren Vertreibung 2018 das Militär verantwortlich war. Dass soziale Netzwerke und Kommunikationsmittel blockiert wurden, um Proteste zu verhindern, lässt nichts Gutes erwarten. Chinas enge Partnerschaft mit dem Myanmarischen Militär erschwert es, effektiven Druck auf die Machthaber durch Sanktionen aufzubauen. Wir müssen lernen, dass ein sich in demokratischer Transition befindliches Land, deutlich mehr Unterstützung unsererseits benötigt, um sich als rechtsstaatliche Demokratie zu festigen i.bs. wenn alte Eliten von einer autoritären Großmacht gestützt werden.

Der am 1.2.2021 verübte Militärputsch in Myanmar ist ein enormer Rückschritt für das Land und ein Desaster für die Bevölkerung.

Die demokratische Transition wurde von der alten Elite nun blockiert, die nie wirklich die Kontrolle abgegeben hat. Schon in der neuen Verfassung wurden Sonderrechte für Militärs festgeschrieben und einen Mindestsitzanteil von 25% für Armee-nahe Abgeordnete eingeräumt, der eine Sperrminorität bei Verfassungsänderungen bewirkt.

Bei den Wahlen am 8.11.2020 errang die NLD 82% der Sitze. Schon kurz danach begann die Militärführung das Ergebnis öffentlich zu beanstanden und sprach von Wahlbetrug. Wie wir heute wissen eine fadenscheinige Begründung, um den Putsch zu legitimieren.

 Regierungsmitglieder wurden verhaftet oder unter Hausarrest gestellt und ein einjähriger Notstand ausgerufen.

Möglich und keineswegs unwahrscheinlich ist, dass der Anführer der Tadmadaw (des Militärs), Min Aung Hlaing, seine Macht dadurch ausbauen wollte, um seine im Sommer auslaufende Amtszeit zu verlängern und nebenbei die politische Führungsfigur der Demokratiebewegung, Aung San Suu Kyi, zu der er bekanntermaßen ein zerrüttetes Verhältnis pflegt, von Regierungsämtern zu entfernen und durch die nun formulierte Anklage des Schmuggels, an zukünftigen Kandidaturen zu hindern.

Aber nicht ohne Widerstand

Seit Mittwoch gehen tausende Menschen auf die Straßen, um gegen die Tadmadaw  und für den eingeschlagenen Weg der Demokratisierung zu protestieren. Vor Allem die Freilassung Aung San Suu Kyis wird gefordert, wofür auch Ärzte und Lehrer in den Streik gegangen sind. Das Militär reagierte mit dem Abschalten sämtlicher digitalen Netzwerke, um Proteste und Kommunikation zu unterbinden. Obwohl bislang keine Berichte über massenhafte Inhaftierungen von Protestierenden bekannt sind, ist die Sorge groß, dass Polizei und Militär repressiver handeln werden.

Stand Samstag sind laut UN 45 Festnahmen von Demonstrant*innen bestätigt.

Trotz Verurteilungen des Putsches aus diplomatischer Seite, kann kein größerer Druck auf die Tadmadaw geübt werden, auch weil China und Russland eine schärfere Resolution im UN-Sicherheitsrat blockierten.

Die UN-Gesandte für Myanmar befürchtet, dass sich die Menschenrechtslage i.bs. der bereits schwächeren, deutlich verschlechtern könnte. Äußerte der Generalsekretär Antonio Guterres noch vor wenigen Monaten den frommen Wunsch, die Wahlen und die weitere Demokratisierung könnten perspektivisch die Rückkehr einiger Rohingya ermöglichen, steigt jetzt das Risiko aufflammender separatistischer Konflikte in den Provinzen des Vielvölkerstaates mit 135 ethnischen Gruppen.

Die sog. „Weltpolitikfähigkeit“ wurde in letzter Zeit oft von der EU gefordert. Das heißt nicht, in ein Wettrüsten einzusteigen oder „strategische Bündnisse“ mit Despoten einzugehen, sondern Menschenrechtsverletzungen zu verhindern. Die EU hat sich in den letzten Jahren beim Thema Vertreibung der Rohingya zurückgehalten und Myanmar wurde in seiner Demokratisierung nicht ausreichend unterstützt.

Die Verurteilung des Putschs aus dem Westen und die Androhung von Wirtschaftssanktionen, sind im Kalkül des Militärchefs Min Aung Hlaing eingepreist, denn er kann sich Chinas Unterstützung sicher sein. So droht auch dieser Konflikt zu einem zwischen den USA und China zu werden. Den Menschen in Myanmar ist damit sicherlich nicht geholfen.

Postskriptum:

Mittlerweile gehen die Putschisten der Tadmadaw und Polizei deutlich gewalttätiger gegen Demonstrantinnen vor. Sie schießen mit scharfen Waffen und es mehren sich Meldungen von Schwerverletzten und Toten (vgl. TAZ vom 28.2.). 23.000 Häftlinge wurden freigelassen, Beobachter vermuten, um Platz für großangelegte Festnahmewellen von Oppositionellen zu schaffen. Währenddessen geht der Generalstreik weiter; auch Ärztinnen, Lehrer*innen, Ministerialangestellte und Beamte sowie Mönche legen ihre Arbeit nieder und widersetzen sich dem Militärputsch. Bemerkenswert ist der Mut und die Klarheit des Myanmarischen UN-Botschafters, der sich der Tadmadaw widersetzt, den Putsch scharf verurteilt und die Staatengemeinschaft zu Sanktionen und Reaktionen drängt (vgl. UN-News vom 26.02).

Quellen:

SZ:

FAZ:

Reuters:

UN-News:

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