Great decline statt great again

Als Donald Trump gewählt wurde, wussten wir worauf man sich einstellen musste. Er war im Wahlkampf 2016 nicht durch ein besonders diplomatisches, versöhnliches oder gar demokratiefreundliches Auftreten zur Sprache gekommen. Jetzt zu sagen, dass Trump unberechenbar ist, ist abenteuerlich. Er hat das Schlimmste versprochen und das Schlimmste tritt bislang auch ein.

Egal ob es sich um Rechtsextreme Prügelattacken, Trennung von Einwandererfamilien, Rassismus oder Frauenpolitik handelt, er hat sich immer wenig um die sogenannten Menschenrechte gekümmert oder bereit erklärt, multilaterale Verträge und Regeln einzuhalten.

Seine Haltung in der Saudi-Arabien Diskussion zeigt, dass Geld die Welt regiert. Denn was unterscheidet Saudi-Arabien vom Iran in Trumps Augen? Einer ist bereit, Öl an die Amis zu verkaufen und ihre Waffen abzunehmen, um sie dann Beispielsweise im Jemen gegen die Zivilbevölkerung einzusetzen, die anderen sind stattdessen traditionell näher bei Russland.

Dass beide Länder Unrechtsregimes sind, die in ihrem Kampf um die regionale Vormachtstellung Leid und Zerstörung in die Nachbarländer tragen, steht außer Frage. Umso bemerkenswerter ist die weit verbreitete Sicht auf den saudischen Kronprinzen MBS, der v.a. westlichen Konzernen fantastische Angebote macht. Trump braucht ihn im Konflikt gegen den Iran und hat ihn sogar zu einer freundlicheren Positionierung gegenüber Israel gebracht.

Doch der Fall Kashoggi spaltet den Westen und versetzt Trump in eine schwierige Lage. Er musste sich entscheiden, Geld oder ein bisschen Würde? Wie zu erwarten, hat er sich für ersteres Entschieden und verteidigt MBS trotz erdrückender Beweise öffentlich.

Hier kommt seine besondere und von vielen neofaschistischen Gruppen nachgeäffte Doppelmoral zum Vorschein. Bei politischen Gegnern reagiert man stets überempfindlich, für seine Freunde geht man aber gut und gerne über Leichen.

Es ist aber auch zu befürchten, dass der US-Präsident nicht nur aus politischem Kalkül zu dem Königshaus hält, sondern aus klammheimlicher Bewunderung. Wenn man bedenkt, wie er mit kritischen Journalisten und Medienhäusern umgeht, zu letzt sogar Akkreditierungen entzog, weil ihm Fragen nicht genehm waren, wirken seine Aussagen zum Kashoggi-Mord fast wie eine Offenbarung seiner wahren Intentionen.

Obwohl sich einige Republikaner empört zeigten, ist fraglich, ob sie ihren Wahlkämpfer und Mehrheitsgaranten tatsächlich zurechtweisen würden.

Ein fader Beigeschmack bleibt. Denn dieser Umgang mit einem unverhohlenen Angriff auf die Pressefreiheit, also auf eines der wichtigsten Grundrechte westlicher Demokratien, ist Ausdruck eines allgemeinen politischen Werteverfalls, der von Antidemokraten ausgenutzt und verstärkt wird, um die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schwächen. Wenn die führende Nation der westlichen Welt, abermals Grundwerte für Waffendeals verkauft, bleibt die Frage, was uns die Menschenrechte überhaupt wert sind.

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