Kurz – der korrupte Kanzler

Bildquelle: Bundeskanzleramt Österreich

In den letzten Tagen blickten wir gespannt nach Wien und ließen uns von den hereinprasselnden Neuigkeiten bannen. Ein schillernder Jung-Kanzler, Vorbild für Neokonservative in ganz Europa stand plötzlich unter Druck. Obwohl nichts davon wirklich unerwartet kam.   

Schon viele Krisen und Skandale hat Sebastian Kurz überstehen müssen, v.a. während seiner ersten Regierung mit der FPÖ: Weitergabe vertraulicher Ermittlungsinformationen an Rechtsextreme, versuchte Beeinflussung von Justiz und Medien und dann noch der Ibiza-Skandal, der die Koalition schließlich brach. Damals sprachen die meisten Kommentator*innen davon, dass Kurz ein Risiko eingegangen sei, indem er mit der korrupten und autoritären FPÖ regierte. Er konnte uns fast leid tun. Als erstes Opfer der FPÖ stilisierte er sich. Das hinderte ihn allerdings nicht, seinen Kurs der Fremdenfeindlichkeit fortzusetzen, im Gegenteil.

Heute wissen wir, dass Kurz nicht das Opfer der FPÖ war, sondern in sehr ähnlicher Weise über Macht und den Staat nachdenkt, nämlich autoritär und oligarchisch.

Die eingeschworene Sekte

Die Enthüllungen der letzten Wochen zeigen einen Machtpolitiker, der seit vielen Jahren einen Kreis an Unterstützern um sich schart, den er in zentrale Positionen in Partei und Regierung zu platzieren versucht, um seinen Weg an die Macht zu ebnen. Dabei schreckt diese Gruppe offenbar nicht davor zurück, andersdenkende Parteifreunde brachial aus dem Weg zu räumen und vulgär zu diffamieren.

Die Vorwürfe

Aus den internen Chats der Gruppe, lassen sich zudem die Gespräche herauslesen, die zu den Ermittlungsverfahren gegen Kurz geführt haben. Es geht um Bestechung sowie Bestechlichkeit, Lügen vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss und illegale Zweckentfremdung öffentlicher Gelder zur politischen Einflussnahme.

Denn der Kanzler hat Steuergelder dafür verwendet, die Zeitung „Österreich“ zu bestechen und so gefälschte Umfragen zu veröffentlichen, die ihn systematisch begünstigten. Dieses Vorgehen offenbart zweierlei:

  1. Wie Kurz im Innersten, trotz seines selbstsicheren Auftretens, ein kleiner ängstlicher Junge ist, der unlautere Mittel glaubt einsetzen zu müssen, um Wahlen zu gewinnen. Das heißt sowohl, dass seine Regierungspolitik als Argument für seine Wiederwahl unzureichend ist, als auch, dass er sich darüber im Klaren zu sein scheint.
  2. Kurz beweist, wie respektlos er mit dem Rechtsstaat und seinen Wähler*innen umgeht, wie er sie betrügt, um weiterhin den Staat usurpieren d.h. sich daran bereichern zu können.

Diese beiden Erkenntnisse rücken Kurz näher an die Gruppe der Diktatoren und derer, die es gerne wären. Beide Charakterzüge sind unter Despoten verbreitet.

Ausweichmanöver

Kurz, der in den letzten Jahren bereits mit Einschüchterungsversuchen gegenüber Teilen der Presse aufgefallen ist, konnte sich dieses Mal aufgrund der Unmittelbarkeit und Schwere der zu tage getretenen Anschuldigungen, nicht rauswinden. Der Druck stieg kontinuierlich. Sogar der oft zahme und äußerst leidensfähige Koalitionspartner, forderte seinen Rücktritt. Für den Dienstag, 12.10 war ein Misstrauensvotum gegen Kurz im Parlament angesetzt und am Montag, würde er in den ÖVP Gremien wahrscheinlich ebenfalls zum Rücktritt aufgefordert werden.

Die Bevölkerung hatte Korruptionsskandale im Zusammenhang mit Ibiza, die auch Kurz gefährden konnten, stoisch, fast gleichgültig aufgenommen. Er schien alles weglächeln zu können. Dieses Mal war es anders. Doch Kurz wäre nicht Kurz, wenn er sich seinem Schicksal beugen würde oder gar den Anstand besäße, die Vorwürfe zu bestätigen.

Stattdessen konstruiert er gerade seine eigene Dolchstoßlegende. Er dementiert weiterhin alle Vorwürfe und spricht von Hexenjagt (erinnert an Trump) und ist seinen Widersacher*innen zuvorgekommen, indem er am Wochenende seinen Rücktritt bekanntgab.

Seine Anhänger*innen wollen das natürlich als große staatspolitische Verantwortung deuten. Auch Kurz versuchte diesen Eindruck zu wecken, als er sagte, dass die Belange des Landes wichtiger wären als sein persönliches Schicksal. Dabei behält er die Kontrolle komplett in der Hand. Er hat den Außenminister Schallenberg zum Kanzler erklärt, weil er sich seiner Unterstützung sicher sein kann; er wird Fraktionsvorsitzender, um weiterhin an allen Entscheidungen der Regierung beteiligt zu sein und sich die mediale Aufmerksamkeit sichern zu können. So kann er die Hebel der Macht munter weiter bedienen und sich im Parlament nebenbei gut profilieren, um die lästigen moralischen Grünen vielleicht nach der nächsten Wahl nicht mehr als Koalitionspartner zu brauchen.

Kurz will allein regieren. Dafür räumt er parteiinterne Kontrahent*innen ebenso aus wie Koalitionspartner*innen, sobald er für sich einen Vorteil darin sieht. Der rechte Männerklub um Kurz bleibt jedenfalls an der Macht. Die Strukturen, die zu den demokratischen Krisen in Österreich geführt haben, bleiben bestehen.

Die neu-Rechte Spezlwirtschaft ist keineswegs gebrochen und seit 2017 gab es auf Bundesebene nur rechte Mehrheiten. Wieso Kurz die ÖVP so leicht kapern konnte, obwohl sie nicht annähernd so schwach war, wie konservative Parteien in anderen Ländern, die sich ebenfalls radikalisiert haben, bleibt ungeklärt. Meine Mutmaßung ist, dass obwohl die ÖVP noch ansehnliche Wahlanteile vor 2017 erreichen konnte, sie Wertentleert war und noch ist. Kurz als Populist und Demagoge wusste das zu nutzen und hat das Fehlen von Inhalten zum Programm gemacht und die Personalisierung vorangetrieben. Die Wahlerfolge haben Kurz gestärkt. Eine konservative Partei ist die Kurz-ÖVP aber nicht mehr. Wie in vielen anderen Ländern, lassen sich verunsicherte Konservative von neu-Rechten vereinnahmen. Sie bieten ihnen die Plattform, ideologisch zu wachsen. Sie bauen die Brücke für diese Antidemokraten bis tief in unsere demokratische Mitte, in die Parlamente, Medien, Gerichte und in Österreich besonders entscheidend, auch in Chefsessel vieler Unternehmen.

Die letzten Tage geben jedoch keinen Anlass zur Hoffnung, die ÖVP könnte sich ohne Kurz als Kanzler erneuern und mäßigen, im Gegenteil. Die ÖVP ist bis auf wenige Landesverbände Erfüllungsgehilfin von Kurz karrieristischem Größenwahn. Auch deshalb scheint sich kaum jemand daran zu stören, dass Kurz Parteivorsitzender bleibt und im Zweifel seine Partei mit in den Abgrund ziehen wird.

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2 Antworten

  1. Dass Kurz stark bei der FPÖ gefischt hat lässt sich an deren Erstarken erkennen. Der Österreicher scheint zutiefst von rechtem Gedankengut befallen.

  2. Es ist beängstigend, wie schnell Konservative Parteien ihren Restanstand verkaufen und sich der rechtspopulistischen Verführung ergeben.

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