Adam Smith wäre Marxist

In seinem Buch „Wohlstand der Nationen“ von 1776 erklärte Adam Smith, der Urvater der modernen Ökonomie, wie der Handel Fortschritt begünstigen kann. Er kam zu dem Schluss, dass internationale Partnerschaften und Kooperationen zu mehr Wohlstand führen würden, der allen zu Gute kommen würde.

Der Kapitalismus von heute, der den Anspruch hat, legitimer Nachfolger dieser Prinzipien zu sein, handelt dem jedoch meist zu Wider. Der Freihandel ist längst zu einer Waffe geworden, andere Volkswirtschaften zu unterwerfen. Der Gedanke der Kooperation zwischen gleichberechtigten Staaten, wird täglich von sogenannten EPA (economic partnershipp agreements) unterlaufen, denn de-facto perpetuieren sie die  Spaltung zwischen reicher und unterentwickelter Welt, macht schwache Märkte von Monopolisten abhängig und degradiert sie im Endeffekt zu Kolonialstaaten, denn was brauchen wir aus Bangladesch am meisten, die billige Frauen und Kinderarbeit, wie wir sie aus den Geschichtsbüchern zu Zeiten der Industrialisierung kennen. Der Unterbietungswettbewerb zwischen den armen Staaten ist in vollem Gange. China gilt dabei schon als zu teuer. Die neuen Oasen für Ausbeuter bzw. Investoren sind Vietnam, Myanmar, Bangladesch oder Thailand.

Smiths Marktmodell und Wirtschaftskonzept war eine Kampfansage an den Merkantilismus der damaligen Zeit, der durch aggressive Exportwirtschaft machtpolitische Hegemonie zu erlangen versuchte. Heute erleben wir Ähnliches, es reicht der Blick in den am wenigsten Entwickelten und historisch am meisten durch Fremdherrschaft belasteten Kontinent zu blicken, Afrika. Dort liefern sich die beiden großen Wirtschaftsmächte einen gnadenlosen Kampf um Ressourcen, seien es natürliche oder menschliche. Die eigene Entwicklung der Potentiale bleibt dabei auf der Strecke.

Bleiben noch die Handelsabkommen (EPAs), die von unserer Seite immer wieder gerne als in Vertragsform gegossene Handelsgerechtigkeit verkauft werden. Nun, gerecht daran ist bislang wenig, denn wer subventionierte Lebensmittel in den Afrikanischen Markt exportiert, ihnen aufgrund der EPA verbietet Schutzzölle darauf zu erheben und den Freihandel trotz zu unterschiedlicher Voraussetzungen durchsetzt muss sich nicht wundern, wenn die Arbeitslosen Bauern und Händler, auf der Suche nach einem lebenswürdigen Ort, Richtung Europa gehen.

Die Neoliberale Wende seit den 80er Jahren hat endgültig den Kapitalismus von Adam Smith und David Riccardo begraben. Ihre Handelstheorien wollten durch Tausch, Wohlstand für mehr Menschen ermöglichen. Wie würden sie wohl heute reagieren, da wir in einem nie gekannten Ausmaß, Gefangene eines Hamsterrades geworden sind, welches unsere geistige und körperliche Ausbeutung mit unnützen Dingen, die uns und die Natur schädigen, entlohnt? Und was wäre ihre Reaktion, wenn sie erleben müssten, wie die amoralischsten Spekulanten und Despoten sich in ihrem Handeln auf die beiden berufen würden? Der entfesselte Finanzkapitalismus heutiger Zeit grenzt an Sozialdarwinismus, nicht an Smith’scher Handelsphilosophie.

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