Eine Sache wissen wir schon jetzt gewiss: der bislang einmalige Vorgang eines vollständigen Regierungswechsels, der sich 1998 zugetragen hat, wird ein einmaliger bleiben. Denn eine Regierung ohne Union oder SPD scheint nicht nur rechnerisch, sondern v.a. politisch unmöglich.
Außerdem wissen wir, dass wir ein*e neue*n Kanzler*in nach der Wahl haben werden, was in einer Wahl nicht unüblich ist, wir haben es in Deutschland nur verlernt. Auch ist es üblich, dass sich die Kräfteverhältnisse verschieben und das werden sie aller Wahrscheinlichkeit nach deutlich. Vielleicht ist Corona dabei der Rettungsanker der Union, um sich im Kanzleramt zu halten. Das ändert aber nichts daran, dass die Union inhaltlich entkernt, nur noch vom Willen zur Macht und ihrem Antikommunismus aus Zeiten des Kalten Krieges zusammengehalten wird.
Söder hat es gelernt Rosinenpickerei und Stichwort-claming zu betreiben. Das ist aber nicht Politik, das ist PR-Arbeit. Ein solches Politikverständnis, hat im Kabinett nichts verloren.
Das oberste Ziel muss ein Regierungswechsel sein. 16 Jahre CDU/CSU und gefühlt eben so langer GroKo, haben Deutschland und Europa geschadet. Regieren nach Umfragen, keine eigene Programmatik, asymmetrische Demobilisierung… So lautete das Erfolgsrezept Merkels und der Union, um an der Macht zu bleiben. Doch Politik als Verwaltungsbürokratie; Entscheidungsbegründung mit „Alternativlosigkeit“ und eine Strategie des Aussitzens statt Positionierens haben der politischen Kultur unserer Gesellschaft erheblich geschadet. Eine neue, progressive Regierung benötigen wir, um alte und neue Probleme nachhaltig und sozial anzugehen; das Vertrauen der Bürger*innen in die Parteien zu stärken und die Begeisterung für unsere Demokratie neu zu entfachen.
Die aktuellen Umfragen geben ein wenig Anlass zur Hoffnung, dass eine progressive Mehrheit möglich ist. Bis zum 26.9. kann aber noch viel passieren und wie volatil Umfragewerte sind, zeigen die letzten Monate und auch Wahlen deutlich. Die Würfel fallen erst am Wahltag und es ist Deutschland und Europa zu wünschen, dass das Ergebnis ein zukunftsweisendes sein wird.