Schulen müssen mehr Demokratie wagen!

Politische Bildung nimmt in Bayerischen Gymnasien 0,5% der Unterrichtszeit ein. Ein katastrophaler Wert, wenn man bedenkt, wie sehr die Demokratie von mündigen und aktiven Bürger*innen abhängig ist. Im Durchschnitt der Gymnasien in Deutschland, begegnet Politik in 2,2% der Zeit unseren künftigen Wähler*innen, obwohl Expert*innen mindestens 4% und das gleichmäßig in jedem Jahrgang fordern.

 Ich selbst durfte während meiner Schulzeit erleben, wie Schüler, die kurz vor ihrem Abitur standen, nicht wussten was die Legislative Gewalt ist oder ob Deutschland parlamentarisch oder präsidentiell regiert wird. Mir stellte sich damals die Frage, wie fundiert diese Personen eine Wahlentscheidung treffen könnten. Halbwissen oder Unwissenheit sind genau die Ansatzpunkte für Antidemokraten, um Misstrauen zu sähen und Verschwörungstheorien zu verbreiten. Der unglaublich fahrlässige Umgang unserer Regierung mit der politischen Bildung, kann sich also für uns alle rächen.

Noch schlimmer sieht es in Real- und Mittelschulen aus. Eine kürzlich erhobene Umfrage unter den aktiven Schüler*innen von Fridays for future zeigte, dass lediglich 6% nicht aus Gymnasien kommen. Welch ein verheerendes Ergebnis, das zeigt, wie sich unsere Bildungslandschaft in eine Ständegesellschaft entwickelt hat. Um sich politisch zu engagieren, braucht man den Glauben an das eigene Können und daran eine Veränderung herbeizuführen. Daran fehlt es anscheinend außerhalb des Gymnasiums. Die Ursache liegt wahrscheinlich in der Trennung nach der 4. Klasse und der Unterteilung in gute, mittlere und schlechte Schule. Meine schlechtesten Noten, hatte ich in der Realschule, weil mir eingebläut wurde, dass ich alles nur auswendig lernen muss und nicht eigenständig denken. So konnte ich mich nie so richtig für den Lehrstoff begeistern, wie es später am Gymnasium der Fall war. Dort begegneten mir Lehrer mit der Haltung: Du kannst was und jetzt zeige es. Diese Motivation hat mir bessere Noten beschehrt und mich endgültig darin bestärkt, politisch aktiv zu werden.

Diese Diskrepanz zwischen den Schularten setzt sich dann im weiteren Leben fort. Die Wahlbeteiligung von Absolventen der Real- oder Mittelschule ist deutlich geringer als die von Akademikern. Immer häufiger wird man mit Aussagen, wie „die Politiker machen doch was sie wollen“ oder „ich kann doch eh nichts bewirken“ konfrontiert. Diese politische Lethargie, verursacht durch die frühe Segregation und verfestigt durch Vorurteile aus der Gesellschaft, spaltet die Bevölkerung und führt zu einem Unglauben an die Demokratie. Anders kann man sich kaum die enormen Unterschiede in der Wahlbeteiligung zwischen sogenannten „Problemvierteln“ und Reichen-Vierteln erklären. Es ist außerdem sehr verwunderlich, warum es keine Massenproteste von prekär Beschäftigten gibt, auf deren Kosten Banken gerettet und Unternehmen begünstigt wurden. Diese zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit ist den Betroffenen bewusst, sie haben nur den Glauben, gehört zu werden, verloren. Von einer solchen Unzufriedenheit bedienen sich rechtsradikale besonders gerne, die Eliten und Ausländer zu Sündenböcken erklären und den vernachlässigten Menschen durch krasse Parolen und Schreien die ersehnte Aufmerksamkeit seitens Politik und Medien versprechen.

Das Leben in Gesellschaft beginnt in den Schulen. Dort wird man oft fürs Leben geprägt. Es ist dringend erforderlich, echte Chancengleichheit für Kinder zu ermöglichen und keine Trennmauern von klein auf zu ziehen. Eine starke demokratische Gesellschaft braucht mündige und kritische Bürger. Es ist Zeit, eine Schule zu etablieren, die diese Voraussetzungen für alle schafft.

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